Aussprüche
von Spartanern
Als
die samischen Gesandten eine weitläufige Rede hielten, sagten die
Spartaner: „Das Erste haben wir vergessen und das Letzte nicht
verstanden, weil wir inzwischen das Erste vergessen hatten.“
Die
Thebaner wollten sich in einigen Punkten den Spartanern widersetzen.
Man sagte ihnen, sie müssten entweder weniger Stolz oder mehr Macht
haben.
Pindar
hatte in einem Gedicht Athen die Stütze Griechenlands genannt. Da
sagte ein Spartaner: „Mit der
Stütze muss Griechenland bald einfallen.“
Man sah ein Gemälde an, auf dem
Spartaner von Athenern niedergehauen wurden. Da rief einer aus: „Wie
brav sind doch die Athener!“ - „Auf dem Gemälde“, sagte der
Spartaner.
Ein Übeltäter, der bestraft wurde,
rief: „Ich habe wider meinen Willen gefehlt!“ - Man sagte ihm:
„So lass dich auch wider deinem Willen strafen.“
Einige reisende Chier hatten nach dem
Abendessen im Rathause sich erbrochen und auf den Stühlen, auf denen
die Ephoren zu sitzen pflegten, ihre Notdurft verrichtet. Man
forschte scharf, welche Bürger die Täter seien; da man aber erfuhr,
dass die Chier es getan hätten, musste ein Herold öffentlich
ausrufen: „Den Chiern ist's erlaubt, sich schlecht zu benehmen“.
Da jemand seine Kunst der Rede rühmte,
sagte ein Spartaner: „Bei Kastor und Pollux! Was nicht mit der
Wahrheit zusammenhängt, ist keine Kunst und kann keine sein.“
Ein gefangener Spartaner sollte
verkauft werden. Da nun der Herold ausrief: „Ein Spartaner zu
verkaufen“, fiel er ihm ins Wort und rief: „Ihr müsst ausrufen:
Ein Gefangener zu verkaufen.“
Als die Thebaner nach Überwindung der
Spartaner bei Leuktra bis an den Eurotas vorgedrungen waren und einer
grosssprecherisch fragte: „Wo sind nun die Spartaner?“ - da
antwortete ein Gefangener: „Sie sind nicht da, denn sonst wäret
Ihr nicht hier.“
Ein spartanischer König versprach,
eine Stadt, die ihnen lange Zeit viel zu schaffen gemacht hatte, ganz
zu zerstören. Die Ephoren aber verwehrten es ihm, indem sie sagten:
„Zerstöre die Stadt nicht, sonst nimmst du uns den Wetzstein der
Jugend.“
Die Jungen, die sich im Ringen übten,
durften keine Lehrmeister haben, denn es sollte ein Wettstreit in
Tapferkeit und nicht in Kunst sein. Als daher Lysander gefragt wurde,
wie Charon aus Theben ihn überwunden habe, antwortete er: „durch
vielerlei künstliche Griffe.“
Philipp schrieb an die Spartaner, da
er an die Grenze ihres Gebietes kam, ob er als Freund oder als Feind
kommen solle. Sie antworteten ihm: „Als keines von beiden“.
Als die Lakedämonier hörten, dass
ihr Gesandter den Antigonos, des Demetrios Sohn, König genannt habe,
legten sie ihm eine Geldbusse auf, obgleich er bei einem grossen
Getreidemangel jedem einen Scheffel Weizen von Antigonos mitgebracht
hatte.
Ein Mensch von schlechter
Lebensführung hatte in einer Sache den besten Rat erteilt. Man
genehmigte den, aber nicht unter seinem Namen, sondern man schrieb
den Rat einem Manne zu, der unbescholten war.
Als einstmals Brüder miteinander
Zerfallen waren, bestrafte man den Vater, der es zuliess, dass seine
Söhne in Uneinigkeit lebten.
Zwei Knaben gerieten miteinander in
Streit, und einer brachte dem andern mit seiner Sichel eine tödliche
Wunde bei. Die Spielkameraden versprachen diesem, der zu sterben
schien, ihn zu rächen und den Täter umzubringen. - „Um der Götter
willen“, rief er, „tut das ja nicht. Es wäre ungerecht. Ich
hätte es ja ebenso gemacht, wenn ich ihm zuvorgekommen und tüchtig
genug gewesen wäre.“
Nach spartanischer Sitte durften frei
geborene Jungen in bestimmten Zeiten stehlen, was sie nur konnten,
und nur wer sich dabei ertappen liess, wurde geschmäht. Nun hatten
einmal ein paar Knaben einen jungen Fuchs gestohlen und einer von
ihnen hatte ihn in Verwahr und tat ihn, als der Eigentümer kam und
das Verlorene suchte, unter seinen Mantel. Nun wurde das Tier wild
und zerfleischte ihm die Seite bis auf die Eingeweide. Er aber blieb,
um nicht entdeckt zu werden, unbeweglich stehen. Als dann die Sucher
fort waren, und die anderen Knaben sahen, was geschehen war, tadelten
sie ihn und meinten, es wäre besser gewesen, den Fuchs sehen zu
lassen als ihn mit Lebensgefahr zu verbergen. - „Nein“, versetzte
jener, „es ist besser, den Schmerzen nicht nachzugeben und zu
sterben als sich ertappen zu lassen; man soll nicht aus Weichlichkeit
sein Leben auf eine schimpfliche Art erhalten.“
Einige Reisende begegneten Spartanern
und sagten zu ihnen: „Das Glück muss euch recht wohl wollen,
soeben ist dort eine Bande Räuber weggegangen.“ - „Nein, beim
Kriegsgott“, versetzten sie, „es ist nur ein Glück für die
Räuber, dass sie uns nicht in den Weg gekommen sind.“
Eine Spartaner hatte als Schildzeichen
eine Fliege, nicht grösser als eine natürliche. Da man ihn
auslachte und sagte, das habe er sich wohl ausgesucht, um versteckt
zu bleiben, sagte er: „Oh, nein, um recht gesehen zu werden. Denn
so trete ich doch näher zu den Feinden, damit sie das Zeichen auf
meinem Schild erkennen.“
Als beim Gastmahl eine Leier
hereingebracht wurde, sagte ein Spartaner: „Pfui, Tändeleien
schicken sich nicht für Spartaner.“
Ein Spartaner wurde gefragt, ob der
Weg nach Sparta sicher sei. „Das kommt darauf an, in welcher Weise
du hingehst“, lautete die Antwort, „ein Löwe geht dort seines
Weges fürbass, aber Hasen fangen wir ab.“
Der Äginete Lampis, der eine Menge
Kauffahrtschiffe besass, wurde ob seines Reichtums glücklich
gepriesen. Ein Spartaner sagte dazu: „Ein Reichtum, der an Tauen
und Stricken hängt, achte ich nicht.“
Als Philipp in das lakonische Gebiet
eingefallen war und alle verloren zu sein schienen, sagte er zu
einem: „Was wollt ihr nun anfangen, ihr Spartaner?“ - „Was
sonst“, antwortete dieser, „als mutig sterben, denn wir sind die
einzigen unter den Griechen, die nicht gelernt haben, zu gehorchen,
da sie nur frei zu sein lernten.“
Nach der Niederlage des Agis forderte
Antipater fünfzig Knaben zu Geiseln. Eteokles, einer der Ephoren,
sagte aber, sie könnten ihm die Knaben nicht hergeben, weil die
dann, unerzogen, der vaterländischen Gebräuche unkundig blieben,
also niemals Bürger werden könnten; wenn er es zufrieden sei,
wollten sie ihm die doppelte Zahl an Greisen und Weibern geben. - Da
Antipater ihnen mit der härtesten Begegnung drohte, wenn er die
Knaben nicht bekomme, so antworteten alle einstimmig: „Wenn du uns
Dinge auflegst, die ärger sind als der Tod, so wird es uns leicht
werden zu sterben.“
Ein Greis, der die olympischen Spiele
mitansehen wollte, konnte nirgendwo Platz finden; wohin er auch kam,
wurde er mit Hohn und Spott abgewiesen, und niemand nahm ihn auf.
Endlich kam er zu den Spartanern, und da dort alle Jünglinge,sogar
die meisten Männer, aufstanden und ihm Platz machten, gab die ganze
Versammlung durch lautes Händeklatschen ihren Beifall und ihre
Bewunderung über dieses Betragen kund. Der Alte aber schüttelte den
grauen Scheitel und den grauen Bart und sagte weinend: „O Unglück!
Alle Griechen wissen, was gut und anständig ist, aber die Spartaner
allein tun es.“
Ein Bettler sprach einen Spartaner an.
- „Wenn ich dir gebe“, sagte dieser, „wirst du noch mehr
betteln. An deiner Unverschämtheit ist der schuld, der dir zuerst
etwas gegeben hat und dich dadurch zum Müssiggänger machte.“
Ein Spartaner sah, wie ein Mensch für
bestimmte Götter sammelte und sagte: „Um Götter, die ärmer sind
als ich, bekümmere ich mich nicht.“
Ein Fremder der nach Sparta gekommen
war, sah die Ehrenbezeugungen, die da selbst den Alten von den Jungen
erwiesen wurden. „In Sparta allein verlohnt's sich, alt zu werden“,
sagte er.
Bulis und Sperchis, zwei Spartaner,
begaben sich nach Persien zu Xerxes, um freiwillig der Strafe zu
unterwerfen, die die Spartaner nach dem Ausspruch des Orakels auf
sich geladen hatten, weil sie die Gesandten des Königs umgebracht
hatten. Bei ihrer Ankunft verlangten sie, für ihre Landsleute
umgebracht zu werden, auf welche Art auch immer. Xerxes liess die
beiden voller Bewunderung hierüber frei und bat sie, bei ihm zu
bleiben.Sie antworteten ihm aber: „Wie wäre es uns möglich, hier
zu leben und Vaterland, Gesetze und Mitbürger zu verlassen, für
welche zu sterben wir einen so weiten Weg gemacht haben?“ Da der
Feldherr Hydarnes noch weiter in sie drang und ihnen sogar einerlei
Ehre mit den vornehmsten Ministern des Königs versprach, sagten sie:
„Du weisst wohl nicht, was die Freiheit bedeutet? Keiner, der
Verstand hat, wird sich fürs ganze Perserreich hingeben.“
Ein Spartaner kam zu einem
Gastfreunde. Dieser liess sich den ersten Tag verleugnen, borgte
schöne Polster zusammen und empfing ihn den folgenden Tag auf das
prächtigste. Der Spartaner aber sprang auf die Polster und trat sie
zusammen, indem er sagte: „Ihr, Polster, seid schuld daran, dass
ich gestern nicht einmal auf einer Strohdecke geschlafen habe.“
Ein Spartaner wurde nach etwas gefragt
und antwortete: „Nein.“ Als der Frager sagte, er habe nicht
recht, sagte er: „Sieh mal an, welch' ein Tor bist du, nach einer
Sache zu fragen, die du schon weisst.“
Ein Priester fragte einen Spartaner,
der eingeweiht werden sollte, welches die grösste Gottlosigkeit sei,
die er begangen habe. Er antwortete: „Die Götter wissen sie
schon.“ Da der Priester darauf bestand, dass er sie nennen müsse,
fragte der Spartaner: „Wem muss ich sie sagen, dir oder dem Gott?“
- „Dem Gott“, versetzte der Priester. - „Nun“, erwiderte
jener, „so lass mich allein.“
Ein Spartaner war in einer Schlacht
eben im Begriff, auf einen Gegner einzuhauen, als das Zeichen zum
Rückzug gegeben wurde. Da liess er den Hieb unausgeführt. Da ihn
einer fragte, warum er den Feind, den er einmal in seiner Gewalt
hatte, nicht getötet habe, antwortete er: „Weil es besser ist zu
gehorchen als einen Feind zu töten.“